Mädchen mit Regelschmerzen scheinen anfälliger für psychische Probleme zu sein: Noch in der Jugend sowie im frühen Erwachsenenalter sind sie mit höherer Wahrscheinlichkeit von Depressionen und Ängsten betroffen als Heranwachsende ohne Regelschmerzen. Das zeigt jetzt eine australische Untersuchung.
Menstruation & psychische Gesundheit
Weltweit leiden etwa sieben von zehn Teenagern unter Regelschmerzen (Dysmenorrhoe), schätzen Fachleute. Wie wirken sich diese allmonatlichen Beschwerden auf die mentale Gesundheit im Laufe des Heranwachsens aus? Dieser Frage sind Dr. Lauren Cameron und ihr Team von der Deakin University in Melbourne nachgegangen.
Dazu werteten sie die Langzeitdaten von 1.600 Mädchen und jungen Frauen aus, allesamt Teilnehmerinnen der laufenden Längsschnittstudie „Growing up in Australia“. Die Teilnehmerinnen waren jeweils im Alter von 10, 12, 14, 16, 18, 20 und 21 Jahren zu ihrer Menstruation und ihrer psychischen Gesundheit befragt worden, und zwar über Fragebögen und Interviews. Auch Angaben der Eltern zu ihren minderjährigen Töchtern flossen in die Auswertung ein.
Bei Regelschmerzen eher Ängste und Depressionen
Die Datenanalyse ergab: Teenager mit Regelschmerzen zeigten im Alter von 14, 16 und 18 Jahren häufiger Symptome von Angststörungen und Depressionen als Gleichaltrige ohne Dysmenorrhoe.
Im frühen Erwachsenenalter (mit 21 Jahren) gaben die jungen Frauen zudem auf der K10-Screening-Skala eine höhere psychische Belastung an. Mithilfe dieser international verwendeten Skala lassen sich unspezifischer Stress und psychische Belastung erfassen.
Ein umgekehrter Zusammenhang scheint dagegen nicht zu bestehen: Bei Mädchen, die schon in jungen Jahren von Ängsten und depressiver Stimmung berichteten, entwickelten sich später nicht häufiger Regelschmerzen als bei Mädchen ohne frühe psychische Probleme.
Psychosoziale und biologische Gründe
Cameron und ihr Team erklären sich den Zusammenhang zwischen Regelschmerzen und späteren psychischen Probleme durch sogenannte biopsychosoziale Mechanismen:
Der psychosoziale Aspekt besteht darin, dass Jugendliche mit Dysmenorrhoe – wie andere Untersuchungen zeigen – aufgrund ihrer schmerzhaften Periode eher Schule, Arbeit und körperliche Aktivitäten meiden als Teenager ohne Regelschmerzen. In der Folge fühlen sie sich möglicherweise sozial isoliert, worunter ihr Selbstwertgefühl leidet – ein möglicher Nährboden für Ängste und depressive Verstimmungen.
Als biologischer Mechanismus kommt die zentrale Sensibilisierung von Schmerzen in Betracht: Das regelmäßige Erleben von Schmerzen kann dazu führen, dass das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) mit der Zeit empfindlicher reagiert und Schmerzen intensiver „wahrnimmt“.
Weil bei Schmerzen ähnliche Bereiche und Botenstoffe im Gehirn beteiligt sind wie bei Ängsten und Depressionen, könnten wiederholte Schmerzen die seelische Gesundheit beeinträchtigen, so die Forschenden.
Frühzeitig handeln
„Derzeit glauben viele Jugendliche, dass Schmerzen während ihrer Periode normal sind, und suchen daher keine Hilfe“, schreiben Dr. Lauren Cameron und ihr Team. Sie plädieren daher zum einen dafür, Mädchen besser über die Menstruation aufzuklären und auftretende Regelschmerzen frühzeitig zu behandeln.
Zum anderen geht ein Appell an die Gesundheitsfachkräfte, bei Teenagern mit Regelschmerzen auf Anzeichen von Angststörungen und Depressionen zu achten und frühzeitig gegenzusteuern. „Leicht zugängliche psychische Gesundheitsversorgung ist für Jugendliche mit Dysmenorrhoe unabdingbar, um langfristige Folgen von Angst und Depression zu verhindern“, so die Forschenden.
Limitationen der Studie
Die Ergebnisse der Studie sind mit einigen Einschränkungen zu betrachten. Unter anderem stammten die Angaben zu Angstsymptomen und depressiver Stimmung von den Teilnehmerinnen selbst und teils auch von deren Eltern. Ärztlich gestellte Diagnosen (Angststörung, Depression) gab es nicht.

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